Ihr kennt das Gefühl?
Immer dann, wenn man aufgeregt darauf wartet, dass die Verladung in Niebüll beginnt und die Augen auf die Ampel starren.
Dann ist es so weit.Das olle Ding wird endlich GRÜN!
Aber erinnert ihr euch noch an eure erste Überfahrt?
Oder an die erste Fahrt mit eurem Hund? Nein? Ich mich schon. Und Jake erinnert sich natürlich auch.
Deshalb möchte er jetzt von dieser Fahrt erzählen.
Ist Sylt
eigentlich eine Hundeinsel? Dort muss es ja mindestens so viele Hunde wie Menschen
geben. Erstaunt
wechselte ich meinen Blick vom Fenster zu Ben.
„Da staunst
du wohl, kleiner Mann. Es sind viele Hunde on Tour. Nicht nur du bist auf dem
Weg nach Sylt.“ Während ich wieder aus dem Fenster sah, gingen mir Bens Worte
durch den Kopf. Nein, ich hatte mich nicht darüber gewundert, dass er ebenfalls
die anderen Hunde entdeckt hatte. Um einiges mehr war ich dafür erstaunt, dass
er scheinbar mal wieder meine Gedanken hatte lesen können. Dann lächelte ich in
mich hinein und dachte: Warum nur hatte er es nicht getan, als ich dringend
mein Geschäft erledigen wollte?
Doch jetzt
war es egal. Mit einem neugierigen Blick sah ich aus dem Fenster und erkannte
weit vor uns viele Lichter. Sie sahen fast so wie die Ampeln in Eckernförde
aus. Allerdings gab es hier meiner Meinung nach keinen Grund für Ampeln.
Wann geht es
los? Müssen wir hier noch lange stehen und warten? Selbstverständlich konnte ich
nicht mit einer Antwort meines Herrchens rechnen. Nichtsdestotrotz hatte ich
Ben während meiner Gedanken angesehen.
„Gleich
fahren wir mit dem Autozug und dann sind wir auch schon da. Lange wird es nicht
mehr dauern. Noch dürfen wir nicht. Schau mal da vorne. Die Ampeln sind rot.“
Du bist der
Wahnsinn. Freudig
schleckte ich meinem Herrchen über das Gesicht. Ben hatte sich, während wir in
der Schlange warten mussten, neben mich gesetzt und war dabei mir sanft den
Nacken zu kraulen. Ich genoss es total. Nicht nur das Kraulen selbst, sondern
auch diese Nähe zwischen uns, die bereits jetzt nach unserer kurzen gemeinsamen
Zeit sehr besonders für mich war.
„Schau mal.
Die Ampeln sind auf Grün gesprungen. Ich muss wieder nach vorne und mich an das
Lenkrad setzen.“
An das
Lenkrad? Ich denke, wir fahren Zug?
Das Leben der
Menschen war schon verflixt kompliziert. Zumindest ich empfand es so, was
natürlich daran lag, dass ich von der realen Welt der Menschen noch nicht
wirklich viel mitbekommen hatte. Doch genau das würde sich jetzt ändern. Mit
Spannung und Vorfreude wartete ich darauf, was gleich geschehen würde. Mit
einem Kuss auf meine kalte Lakritznase hatte sich Ben vor seinem Ausstieg aus
dem Wagen von mir verabschiedet.
„Kuckuck. Da
bin ich wieder.“ Ben lachte, als er wieder in das Auto gestiegen war und mich
jetzt von seinem Platz hinter dem Lenkrad ansah. Dann startete er den Motor.
Ein weiteres Mal durfte ich dieses Geräusch hören, das ich so sehr mit meiner
Befreiung verband.
„Juhu, wir
dürfen nach oben.“ Was genau Ben mir mit diesem Satz sagen wollte, ich hatte
echt keinen Schimmer. Allerdings freute ich mich darüber, dass er sich gefreut
hatte.
Plötzlich
wurde es laut. Scheppernd war wahrscheinlich der bessere Ausdruck für die
Geräusche, die in meine Ohren drangen. Auf beiden Seiten unseres Fahrzeuges
befand sich ein Geländer aus Stahl und ich wunderte mich schon ziemlich
darüber, weshalb diese Straße so eingezäunt war.
„So. Hier
bleiben wir stehen. Der Zug bringt uns jetzt auf die Insel.“
Welcher Zug? Irgendwie
fühlte ich mich etwas überfordert. Ob mein Herrchen erneut meine Gedanken
gelesen hatte, oder ob es lediglich Zufall war, interessierte mich nicht. Dafür
hörte ich allerdings aufmerksam bei seiner Erzählung zu.
„Wir sind mit
unserem Wagen auf einem Autozug. Mit diesem Zug werden wir über den
Hindenburgdamm gebracht und sind in ungefähr vierzig Minuten auf Sylt.“ Ben
hatte mir genau die Frage beantwortet, die ich mir gerade gestellt hatte.
Aha. Na dann
mal los. Neugierig
drückte ich meine Nase gegen das Fenster. Begriffen hatte ich es zwar noch
immer nicht, aber ich wollte mich gerne überraschen lassen.
Dann setzte
sich der Zug endlich in Bewegung. Wir fuhren, obwohl Ben sich mit den Knien auf
seinem Vordersitz gehockt und sich zu mir umgedreht hatte. Erneut begann er
damit, mich zu kraulen. Vorsichtig und zärtlich tat er es. Sofort kroch dieses
wärmende Gefühl in mir auf. Diese Magie, die dafür sorgte, dass ich mich wohlig
fühlte.
Hey, schau mal.
Da ist überall Wasser. Staunend blickte ich aus dem Fenster.
Kann der Zug
über das Wasser fahren?
„Cool oder?
Hier ist nur noch ein Damm. Hindenburgdamm heißt er und auf diesem Damm
befinden sich Schienen, die extra für die Züge gebaut wurden.“
Aha. Was es
alles so gibt. Erst jetzt hatte ich geschnallt, dass Ben und ich uns unterhielten.
Zumindest schien es so zu sein, obwohl es doch eigentlich gar nicht möglich
war.
Plötzlich
veränderte sich Bens Blick.
Ernst sah er
mich an. Viel zu ernst für meinen Geschmack. Es war ein Gesichtsausdruck, den
ich von ihm bisher noch nicht kannte. Dann sprach er zu mir. Besser gesagt,
dann stellte er mir eine Frage.
„Sag mal,
kleiner Mann. Wie wollen wir dich überhaupt nennen?“
Wie du mich
nennen sollst? Ich habe doch einen Namen. Allerdings kannst du mich nennen, wie
du möchtest. Die Hauptsache ist, dass du lieb zu mir bist.
„Oder magst
du den Namen Archie? Würdest du sagen, dass er zu dir passt? Ich finde ja, dass
man den Namen nur schwierig rufen kann. Er hört sich beim Rufen nicht so schön
an.“
Da hast du
recht. Immer wenn meine Pflegefamilie mich laut Archie gerufen hat, klang es
irgendwie wie Arschi. Alle anderen Hunde haben mich dabei immer blöd angesehen.
Lange sahen
wir uns an. Ich konnte erkennen, wie Bens Gehirn am Arbeiten war. Plötzlich
lockerte sich sein Gesichtsausdruck. Es schien so, als wäre ihm gerade eine
Idee gekommen. Dann nahm er meinen Kopf zwischen seine Hände und lächelte.
„Jake. Was
hältst du davon, wenn wir dich Jake nennen? Ich finde, der Name passt perfekt
zu dir. Er ist frech und cool zugleich.“ Erwartungsvoll wurde ich angesehen.
Jake ist
klasse. Au ja, bitte nenne mich genau so. Zum Dank schleckte ich Ben quer
durch sein Gesicht.
„Du gibst mir
ein Küsschen? Dann bist du wohl mit dem Namen einverstanden? Das freut mich.“
Ja … Ja … Ja
…! Jake mag ich heißen.
Einen
Augenblick lang herrschte Stille im Auto. Dann öffnete mein Herrchen sein
Fenster und streckte den Kopf hinaus.
„Sylt wir
kommen. Jake und Ben sind gleich zu Hause!“ Laut rief er diese Worte in
Richtung Sylt.
Übrigens, diese Erzählung ist seinem ersten Buch.
"Jake, Sylter Inselhund - Sylt, ich komme!"
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